Herausforderungen nicht nur für Schüler mit Autismus
Kinder in abgeschirmten Kabinen ihrer Klasse in der St. Barnabas Katholischen Schule während der Covid-19 Pandemie, Okt. 2020, The Canadian Press.
Während der letzten 10 Monate hat die Corona Pandemie offensichtlich Schulsysteme, Lehrer, Schüler und ihre Eltern arg gebeutelt. Wenn selbst Erwachsene unter der mangelnden Planbarkeit der Schule stöhnen, wie mag dieses für Schüler mit Autismus sein, die Voraussehbarkeit so viel dringender benötigen? Dieser Gruppe fällt es schwer, wenn sich zeitliche Abläufe, Lernorte, Lernmethoden und Kontakte von einem Tag zum nächsten ändern. Oft führt das zu erheblichem Stress und ist Auslöser für schwerwiegende Verhaltensprobleme.
Nun kommt Weihnachten und der zweite Lockdown ist in Deutschland beschlossen. Musste es soweit kommen? Was kann man von Ländern lernen, die bislang die Krise erfolgreicher bekämpft haben? Welche Hilfen gibt es durch individuelle Lösungskonzepte, online Lernen und qualifizierte Schulbegleiter für Kinder und Jugendliche mit Autismus?
Zu viel diskutiert und zu vorsichtig gehandelt?
Was sich die Welt sicher am meisten zu Weihnachten wünscht, ist dass die Pandemie weltweit beendet wird und die Schulen und die restliche Gesellschaft zu einem stabilen Regelbetrieb übergehen. Dieses Ziel scheint besonders in asiatischen Ländern erreicht und macht nachdenklich. Was ist dort besser gelaufen?
Daten, die nachdenklich machen (https://ourworldindata.org/coronavirus)
Abstand, Masken, Hygiene und online Beschulung werden in erfolgreichen Ländern kaum infrage gestellt!
Erfolgreiche Sofortmaßnahmen zu Beginn der Pandemie in Singapur (5 Mill. Einwohner, 29 Tote)
Heute (15.12.2020) nur EINE einzige Neuinfektion!
Online Team-teaching in Singapur
https://theconversation.com/how-to-create-engaging-online-learning-amid-covid-19-pandemic-lessons-from-singapore-1389
Was könnte in Zukunft besser laufen?
Auch wenn Flexibilität in Zeiten eines unberechenbaren Virus notwendig ist, ist die Bedrohung durch Covid 19 in Deutschland im Vergleich zu den obigen Beispielen offensichtlich unterschätzt worden. Gegenüber dem deutschen Auf und Ab der Regeln griff man in vielen asiatischen Ländern oder auch Neuseeland und Australien schneller und einheitlicher durch, um die Krise effektiv zu meistern. Anlässlich der aktuellen Notsituation werden verbindliche, nachhaltige Lösungen zunehmend wichtiger.
Wie können Schüler mit Autismus vom Online Unterricht profitieren?
Bereits in den neunziger Jahren konnten wir zeigen, dass Computerprogramme Kinder mit Autismus motivieren und Sprache sowie Sozialverhalten selbst bei stark beeinträchtigten Kindern aufgebaut werden konnte. Mittlerweile stehen differenzierte Kommunikations-Apps, Lernprogramme, Video- und Datensysteme zur Verfügung.
Aus der Not geboren:
Ein Gartenhaus in Kalifornien wird für eine Klein-Gruppe von einer Mutter organisiert.
Wünsche, nicht nur zu Weihnachten!
Selbst wenn die Impfung Covid-19 im kommenden Jahr besiegen sollte, wird die Schule nicht unverändert aus der Krise hinausgehen. Vielleicht kann das deutsche Bildungssystem sich durch die Pandemie schneller auf internationale Standards einschießen und e-learning, innovative Lernmethoden, Lehrerfortbildung und Inklusion schneller vorantreiben. Es gibt ja auch in Deutschland gute Modelle! Es wäre jedenfalls wünschenswert, wenn Entscheidungsträger die Erfahrungen der vergangenen Monate von Schülern, Lehrern und Eltern als auch Vergleiche mit anderen Ländern verstärkt berücksichtigen würden. Statt Corona-Leugnern in den Medien eine Plattform zu geben, wäre es sicher hilfreicher, erfolgreiche Schulmodelle aus dem In- und Ausland öffentlich zu diskutieren.
Wünschenswert wäre es auch, wenn online-Lernen ausgebaut würde, um auch deutsche Schüler auf die Anforderungen der Zukunft besser vorzubereiten oder sogar für eine mögliche neue Krise zu wappnen. Sicher ist es dabei nicht einfach, ältere Technologie-ferne Lehrer zu überzeugen und zu begeistern. Auch sollte der besondere Schutzbedarf für Kinder und Jugendliche mit Autismus nicht vergessen werden. Kleinere Lerngruppen, Autismus-spezifische Maßnahmen mit verstärkten Absprachen und effektivem Einsatz von technischen Lernmöglichkeiten sowie qualifizierte Schulbegleiter werden auch bei der Rückkehr zum Regelunterricht hilfreich sein.
Vielleicht kann man ja in der diesmal stilleren Weihnachtszeit dazu konkrete Pläne machen. In jedem Fall wünsche ich eine sichere Weihnachtszeit, ein gesundes 2021 und vielleicht sogar ein paar mehr online taugliche Laptops oder iPads mit guten Lernprogrammen!
Vera Bernard-Opitz, Dezember 2020